Blatt: Arena-EU

Datum

Skizzenblock 1994

Folienabdruck auf Zeichenpapier aus einer Projektionssession
Arena-EU, Köln 1994, Folienabdruck auf 30x40 cm Zeichenpapier 120g/m²

Mitte der 80iger versuchte ich die Europäisierung einzuordnen. In den oft stundenlangen Projektionsbearbeitungen dieser Zeit sehe ich heute rückblickend eine Form des Remote Viewing.

Arena ist ein Abdruck einer auf dem Overheadprojektor ausgeführten Malerei. Es ist das letzte Bild der Performance, auf das ich dann den Block gelegt habe. Nach dem Abbau, als alles andere bereits verpackt und im Bus war, holte ich die Projektoren und war gespannt, ob der Abdruck etwas geworden ist. In späteren Jahren habe ich die Farbe auf der Folie eintrocknen lassen und sie dann einlaminiert.

Eigentlich war ich schon seit den späten 70igern begeistert von einem Europa ohne Grenzen. Durch viele Reisen in und um Europa fühlten sich solche politischen Bestrebungen nach Freiheit und Atemluft an. Das war mir stets das aller Wichtigste.

Dann wurde ich Student und die monatelangen Reisen waren vorbei. Endlich kam ich dazu Farben für den Overheadprojektor zu entwickeln. Ich versuchte Geschichten spontan zu erfinden und innerhalb des Redeflusses als Projektion umzusetzen. Europa war eines der großen Themen in welchem ich mich so auslassen konnte, dass mein Zeitgefühl komplett schwand, was mich einmal sogar eine Fachprüfung kostete. Aber die Ergebnisse zeigten nichts von meiner Euphorie für Europa. Statt dessen kamen regenbogenfarbige Bilder mit düsteren Inhalten, die ich mir selber nicht erklären konnte. Ich versuchte daraufhin Standards zu entwickeln nach der Art von Penck . Daraus wurden dann komplexere Inhalte, z.B. der Stier, Arena mit Stier, dann aber Arena mit Stier und Torero und auf einmal war Europa, symbolisiert durch den Stier, nur ein Vorführobjekt, was am Ende geschlachtet wird.

Oftmals habe ich versucht die „Geschichte“ weiterzutreiben, zu einem überraschenden, positiven Kapitel – wie der Stier den Torero auf die Hörner nimmt, aber es kam dadurch nur zu einer Stagnation meiner kreativen Energie. Wenn ich es laufen ließ, war der Stier am Ende in der Arena und ihm gegenüber der Torero, dessen Gesicht ich nie zu sehen bekam, – wie ein Traum, der sich immer wiederholt. Noch in den 90igern versuchte ich mich an dem Thema, mittlerweile akzeptierend, dass der Stier in der Arena vorgeführt wird, wer weiß, dachte ich, für was das gut ist, was das überhaupt zu bedeuten hat.

Mittlerweile (2021) wissen wir, dass damit nichts anderes tiefsinnig bedeutungsvolles chiffriert worden ist, als genau das, was damit gemeint ist. Der Stier Europa befindet sich in der Arena der Oligarchen und wenn sie genug Spass damit hatten, wird er geschlachtet werden. Wer es immer noch nicht kapiert hat: der Stier symbolisiert als Europa die europäischen Völker. Wir sind es die zum Zeitvertreib durch die Arena gejagt werden und wir werden geschlachtet werden. Es sei denn… – aber das sind wohl allzu kühne Träume.





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