Fetischbrand
Datum
Session
Eine spontane Session im stillgelegten kölner Bundesbahnausbesserungswerk Atelier Klandt, 1995/96, heute eine Wohnsiedlung.
Es war eine Zeit der Bewusstwerdung und des Aufbruchs. Hier trafen sich Freunde des spontanen Austauschs. Geldmangel und Existenznöte wurden als aufgezwungenen Holografien psychopathischer Hirngespinste vernebelter Seelen des Kulturmarktes empfunden, denen wir mit Herzwärme, Harmonie und Können auswichen.
Je unbekannter sich diese zufällig zusammenfindenden Künstler waren, desto größer die Herausforderung an uns selbst daraus einen klingenden, harmonischen Lobgesang auf den Schöpfer vorzutragen. Dieses alte „ich muss noch mehr können, noch mehr lernen, noch genauer hinhören was die Etablierten wünschen und in einem kreativen Schub über den eigenen Schatten hinweg mit unverkennbarer Handschrift den kulturellen Kick abliefern“ wurde endlich verbrannt.
Alles ist in dir.
Du bist der Tempel, die Bühne ist vor dir.
Dort wird es kein verzücktes Millionenpublikum geben, keine Manager, die dich entdecken könnten – aber ist das nötig?, denn der Herr ernährt dich doch.
Das klappte überraschend gut, doch schon bald wurden die Ansprüche größer und größer, wenigstens Aufnahmen für uns und die Nachwelt machen, hieß es bald – bis – wir sollten professionelle Aufnahmen machen.
Aber – was sind professionelle Aufnahmen? Damit wurde gemeint, dass in allerbester Qualität aufgenommen werden müsste. Was das nun wieder heißt, war den allermeisten nicht klar, denn wenn du den besten Aufnahmerekorder für Audio besorgst, nutzt er nur, wenn du auch das beste Mikro dazulegst und natürlich auch goldlegierte Kabel und Stecker. Das Gerät muss klanglich einjustiert werden, dem Raum, oder dem Ort angepasst, eine anspruchsvolle Aufgabe, die auch nur wieder mit dem besten Equalizer und einer Mehrkanal-Abmischung möglich ist, am besten von einem Toningenieur. Am Ende ist das, was man gedachte aufzunehmen, gar nicht mehr da, nämlich die energiegeladene, spontane Einlassung auf eine gemeinsame kreative Arbeit.
Im visuellen ist es noch schlimmer. Selbst bei optimaler allerbester Aufnahmequalität werden doch zusätzlich Lichtquellen benötigt und sollte dies tatsächlich irgendwie gelingen, wird man häufig im Nachhinein feststellen, dass die Kamera ihrer eigenen Sprache gefolgt ist und das, was man nun in allerbester Qualität im Kasten hat nur noch wenig mit dem Geist und der Fülle der erlebten Performance gemeinsam hat. Da reden wir noch gar nicht von Aufnahmeleitung, Kameramann und – Assistent, Regisseur, Lichtsetzer…
Mir war diese Zeit, aus der es viele Dokumente und Werke gibt, eine lebenswichtige Quelle und etwa 10 Jahre später versuchte ich in den Livingroom-Performances diesen Geist wieder zu beschwören.
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